Euer Kurzhörspiel auf der HÖRSPIELWIESE KÖLN!
Auch in diesem Jahr hattet ihr die Möglichkeit, eure Produktionen beim Kurzhörspielwettbewerb einzureichen. Die beeindruckendsten Stücke wurden im Programm der HÖRSPIELWIESE KÖLN präsentiert und durch eine professionelle Jury ausgezeichnet.
Einsamkeit und Nähe: Dass das kein Gegensatz ist, erzählt Sound of a Story auf einfühlsame Weise. Entlang subtiler Bezüge zum Kinofilm Vergiss mein nicht! entfaltet sich eine Abschieds- und Liebesgeschichte – oder eine Liebes- und Abschiedsgeschichte, denn endeutige zeitliche Bezüge verschwimmen zunehmends, und damit auch Anfang und Ende, Ursache und Wirkung. Eine gekonnte Sprach- und Raumdramaturgie schafft es, die beiden Stimmen in realen Räumen akustisch zusammenzuführen und zugleich als isoliert und einsam erklingen zu lassen. Und doch bleiben beide miteinander verbunden: in den gemeinsamen Erinnerungen, die es zu bewahren gilt.
Das Stück spielt mit akustischen Metaphern, bleibt aber nicht bei Klischees stehen. Der Regen ist eben nicht einfach nur Background für eine traurige Szene, sondern wird als akustisches Objekt zum Mitspieler: ein „Geräusch von Alleinsein“. Die stimmungsvolle Inszenierung, das eindrucksvolle Spiel der Protagonist*innen und die literarische Qualität des Textes machen für uns Sound of a Story zu einer gelungenen Klangkomposition über die Sehnsucht nach Verbundenheit und Zusammenfinden.
Die auf herrlich selbstironische Weise naive Ausgangsidee dieses Stücks lautet: Durch einfaches Tonbandschneiden kann die vor Unsicherheit stotternde Stimme in ein flüssiges Sprechen verwandelt werden und damit zu mehr Selbstsicherheit führen: „Gott sei Dank für Technologie!“ Freilich handelt das Stück nicht vom Segen der Audiobearbeitung; es führt uns vielmehr spielerisch durch eine ganze Reihe aktueller gesellschaftlicher Diskurse: Da ist das Gefühl von Fremdheit und Anderssein, das sich im Stottern ausdrückt. Da ist der Drang zur Selbstoptimierung, der Wunsch, mittels Medientechnik das eigene Selbst aufzuwerten und jeden scheinbaren Mangel zu beseitigen. Da sind schließlich Diskriminierungserfahrungen, die darin ihren Boden finden, dass man der eigenen Stimme auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist.
Die Versuche, durch Audioschnitt der eigenen Stimme eine unauffällige Normalität zu verleihen, führen natürlich ins Absurde. Die Stimme wird ver-fremdet und geht schließlich in einer technischen Medienästhetik aus Loops und Layers auf. warum bin ich [auf deutsch] so empfindlich? stellt sich gelungen den komplexen Fragen der Zugehörigkeit in einer Gesellschaft, dem Wunsch des Eins-Sein der Stimme mit der Umgebung und letztlich deren Zerfall, aber immer mit einem Augenzwinkern.
Ein opulentes, rohes, geradezu körperliches Stück, eine Tour de force, eine Konfrontation mit der Gewalt des Waldes, der Gewalt im Wald und gegen den Wald. Die treibende, gleichbleibend eindringliche Stimme malt dunkle Bilder in den Kopf und ist, wie die gewaltige Soundkulisse auch, in ständiger Bewegung. Sind Stillstand und Auflösung die einzige Möglichkeit, der übermächtigen Naturkraft zu entkommen, hinauf in den Kosmos? Ein Miteinander von Mensch und Wald scheint nicht möglich, nichts ist im Einklang. Die Hörer*innen befinden sich inmitten dieses albtraumhaften Szenarios, werden erschlagen vom Sound des Waldes – dann ein kurzer Moment des Innehaltens: Traum und Realität verschwimmen. Der Mensch im sicheren Kokon, der Wald steht außerhalb. Nur wer sich ihm nähert, wird verschlungen. Dein und mein Wald ist eine Klangkomposition, die starke Bilder zweier Welten entstehen lässt: Sie finden nicht zusammen.
In diesem Jahr findet der Kurzhörspielwettbewerb bereits zum vierten Mal statt. Im Lauscharchiv könnt ihr euch die platzierten Hörspiele der vergangenen Jahre anhören:
Preisträger 2022 | Preisträger 2021 | Preisträger 2020 | Preisträger 2019
■ Fotos: Silviu Guiman