Freitag, 16.08.2024 - 17:30 Uhr
Nick Cave ist mit den Bad Seeds auf Tour – quer durch Nordamerika. Auf Spucktüten notiert er Gedanken, Erlebnisse und Erinnerungen, Liedtexte, Träume und Alpträume, Gedichte und Fiktionen voll sprachlicher Wucht, archaisch und poetisch, während er mit seiner Band von einem Gig zum nächsten fliegt. So entsteht ein Tourtagebuch, Epos, langer Songtext über das Dasein als Künstler, über Begegnungen mit Johnny Cash und Bryan Ferry, über Kreative Schübe, Ängste, Verluste, Tod und Liebe und Erinnerungen an seine Kindheit in Australien.
Von Kai Grehn als “langes Liebeslied in Zeitlupe” inszeniert, bekommen die mitreißenden Texte des Musikers durch die Stimmen von Alexander Fehling, Tilda Swinton und Paula Beer und die Musik der Band Tarwater eine immense Wucht und nehmen die Hörenden mit auf Tour – in die Gedankenwelt des Ausnahmekünstlers Nick Cave.
Hörspiel von Kai Grehn
Vorlage: The Sick Bag Song: An epic chronicle (Literarisches Werk, englisch)
Übersetzung: Eike Schönfeld
Bearbeitung (Wort): Kai Grehn
Komposition: Tarwater
Redaktion: Lina Kokaly
Dramaturgie: Holger Rink
Technische Realisierung: Jean Szymczak
Regieassistenz: Ronald Klein
Regie: Kai Grehn
Produktion: Radio Bremen / Südwestrundfunk / Bayerischer Rundfunk 2023
“Das Papier von Spucktüten gilt im Allgemeinen nicht als adäquates Speichermedium für epische Hochliteratur. Für den Sänger und Schriftsteller Nick Cave sind die „Sick Bags“ aus den Transferflügen auf seiner Tour durch Nordamerika das Material der Wahl. Es ist widerstandsfähig und eignet sich für kurze Formen wie Listen, aber auch für konzentrierte Reflexionen oder schmerzhafte Erinnerungen.
Kai Grehns Hörspielfassung kann auf die Stimme und die Musik des Autors verzichten, weil Alexander Fehling als Erzähler, Paula Beer als Muse und Tilda Swinton als Sängerin den komplex aufeinander bezogenen Texten eine überraschend homogene Form geben. Was auch an der Komposition des Elektronikduos Tarwater liegt, die mit ihren musikalischen Mitteln auf die Komplexität des Textes reagiert.
Zu Beginn des Stückes springt ein Junge von einer Brücke in einen viel zu flachen Fluss und kommt darin um. Wahrscheinlich überspannt diese Brücke den Fluss Mnemosyne, den Fluss der Göttin der Erinnerung, und nicht Lethe, den Fluss des Vergessens. Beide fließen durch das Totenreich – eine Welt, „where the wild roses grow“, in der Nick Cave sich auskennt und in die ihm Kai Grehn mit seinem Hörspiel gefolgt ist.“